Du betrachtest gerade FES zu Gast in der Wiesbadener Synagoge

FES zu Gast in der Wiesbadener Synagoge

Steve Landau, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde, hieß dieses Mal gleich zwei FOS-Klassen in der Wiesbadener Synagoge willkommen. Schon seit über zehn Jahren sind wir regelmäßig mit mehreren Lerngruppen pro Schuljahr zu Gast, um miteinander ins Gespräch zu kommen und das jüdische Leben besser kennenzulernen.

Gleich zu Beginn brachte Schulleiter Andreas Kirschner seine Scham und die des ganzen Kollegiums gegenüber der Jüdischen Gemeinde zum Ausdruck. Hintergrund war das absolut inakzeptable Verhalten einiger FES-Schüler der ‚Schoa‘ gegenüber im Wiesbadener Caligari Kino (die Presse berichtete).

Im weiteren Verlauf des Treffens konnten die Schülerinnen und Schüler ihre Fragen zum jüdischen Leben stellen. Dabei waren selbst für die begleitenden Kolleginnen und Kollegen einige Antworten sehr überraschend. So zum Beispiel kam zu Beginn die Frage auf, warum alle Besucher einer Synagoge oder jüdischer Friedhöfe eine Kippa tragen müssen. Das wisse man bis heute nicht genau, klärte uns Landau auf. Sicherlich sei es in jedem Fall auch ein Zeichen des Respekts vor Gott. Auch die jüdischen Feste stellte uns Landau vor. Ganz wichtig sei dabei der wiederkehrende Ruhetag, der Sabbat, das „Geschenk der Juden an die Menschheit“. Dieser eine Tag pro Woche Ruhe komme allen Menschen zu Gute. Und dies nehmen Juden in der Regel sehr ernst: Sie dürfen nicht arbeiten. Auch eine Beauftragung von Nicht-Juden am Sabbat sei undenkbar – selbst das Vieh müsse ruhen.

Keine Mission im Judentum

Immer wieder überraschend ist für Schülerinnen und Schüler, dass das Judentum nicht „bekehrt“, also keine Mission betreibt. Jude oder Jüdin werde man automatisch, so Landau, wenn man eine jüdische Mutter habe. Schließlich habe man schlicht und einfach nichts zu verkünden. Landau wörtlich: „Wenn jemand Probleme braucht, kann diese Person auch zum Judentum übertreten.“ Und dies war nicht das einzige Beispiel für den auflockernden Humor des Gastgebers. Wichtig war es Landau auch, das Verbindende der Religionen hervorzuheben. So ist Abraham der gemeinsame Urvater der Juden, Christen und Moslems. Wörtlich heißt Abraham „Vater der Völker“. Dies heiße, Abraham habe diesen Bund angenommen, und so stehe es für jeden frei, zum Judentum zu konvertieren – und das völlig ohne Zwang.

Zum Schluss zeigte uns Landau noch die wertvollen Torarollen der Wiesbadener Synagoge. Dies sind handgeschriebene Rollen aus Pergament (Tierhaut) mit dem unpunktierten hebräischen Text der fünf Bücher Mose. Aus einer dieser Torarollen wird in jüdischen Gottesdiensten gelesen. Sie sind so wertvoll, dass man sie nicht mal mit bloßen Händen anfassen darf. Dies erklärt sich damit, dass die Schrift in der sehr wechselvollen Geschichte des Judentums immer eine verbindende Rolle spielte. Fazit: Diese „Unterrichtsstunde“ verging wieder mal wie im Flug, sodass unser Gastgeber nicht mehr alle Fragen beantworten konnte. Aber dafür kommen wir wieder. Versprochen!

Jürgen Schlegel, Religionslehrer